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ARCHIV 2006 - Februar 2014
Rechtswende in Ungarn - Wie geht es weiter?
Reihe „Politik Aktuell“ - Diskussionsveranstaltung

Bei der Europawahl im vergangenen Jahr haben die beiden rechten Parteien das vorgeführt, was sie in diesem Jahr anlässlich der ungarischen Parlamentswahlen noch haben ausbauen können: Fidesz, die Partei des Ministerpräsidenten Viktor Orbán, hat erneut nicht nur die absolute Mehrheit der Stimmen gewonnen, sondern verfügt jetzt sogar über die verfassungsändernde Mehrheit von zwei Dritteln aller Parlamentssitze. Und auch die rechtsextreme Partei Jobbik konnte nach fast fünfzehn Prozent, die sie bei der Europawahl erreichte, mit 12,2 % erneut sehr gut abschneiden. Nach dem rechten Wahlerfolg wurde vielfach der Sorge Ausdruck verliehen, dass die Errichtung einer Diktatur im demokratischen Gewande drohe, in der die Herrschaft einer Partei (Fidesz) durch eine entsprechende Verfassungsänderung auf Dauer gestellt wäre – mit all den  Begleiterscheinungen wie Fremden- und Ausländerfeindlichkeit, Verfolgung von Minderheiten, Missachtung des Rechts usw.. Mit Blick auf Viktor Orbáns erste Amtszeit als Ministerpräsident (1998-2002) wurde zudem befürchtet, dass die Spannungen mit den Nachbarländern zunehmen könnten, sollten erneut Bestrebungen erkennbar werden, den im Ausland lebenden Ungarn ungarische Pässe und damit die ungarische Staatsbürgerschaft verleihen zu wollen. Und tatsächlich: Nach nur wenigen Tagen im Amt können die ungarischen Beziehungen zur Slowakei und zu Rumänien als zerrüttet gelten. Dabei blieb es jedoch nicht. Die offene Kritik an der Anti-Krisen-Politik von EU und IWF hat nicht nur zu enormen Kosten für Ungarn auf den Finanzmärkten geführt, sondern auch notwendiges Vertrauen zerstört, auf das die ungarische Ökonomie und die ungarischen Staatsfinanzen dringend angewiesen sind. Was also bedeutet der Rechtsruck in Ungarn für Ungarn selbst und die EU? Wie realistisch ist das selbst gesteckte Ziel, Ungarn von Grund auf zu reformieren und eine tragende Wachstumsdynamik für die Wirtschaft in Gang zu setzen, welche wiederum die außenpolitische Handlungsfähigkeit verbessern soll? Wie reagieren die ungarischen Nachbarstaaten auf den Rechtsruck und welche Konsequenzen ergeben sich damit für die EU insgesamt? Wie soll die EU, wie soll Deutschland auf diese Herausforderung reagieren, die die Herrschaft einer fremden- und demokratiefeindlichen Partei bedeutet? Soll sie wie einst im Falle von Jörg Haiders Einstieg in die österreichische Regierung auf eine Isolations- und Ächtungsstrategie zurückgreifen? Und apropos Europa: Kann eine solche Regierung tatsächlich die EU-Ratspräsidentschaft im kommenden Jahr übernehmen?
Diese und andere Fragen diskutieren:
Krisztina Koenen Journalistin, Frankfurt a. M.
im Gespräch mit Florian Schwinn hr2 kultur, Frankfurt a. M.
Termin: Donnerstag, 15. Juli 2010, 19.00 Uhr
Veranstaltungsort: Café im Kunstverein, Steinernes Haus am Römerberg, Markt 44 Frankfurt am Main



 

Studienwerk der Heinrich-Böll-Stiftung